Spitzerberg
Man kann ihn sich als Riff vorstellen, an dem das Urmeer über Jahrmillionen anbrandete. Deswegen bedeckt den Spitzerberg eine dicke Kalkschichte, die aus dem Erdmittelalter stammt. Weil der sandige Boden wenig Wasser bindet und der etwa 350 Meter hohe Berg stets starken Winden und hohen Temperaturen ausgesetzt ist, sind die Trauben des Spitzerbergs unverwechselbar im Ausdruck. Die extremen Bedingungen bringen unglaublich aromatische Weine hervor, mit komplexem Tiefgang, engmaschiger Feinheit und einem erfrischenden Säuregerüst.
Der Wind
Kein Wunder, dass er ein Hotspot unter Segelfliegern ist. Aus der riesigen Ebene im Südosten strömen stets heiße und trockene Luftmassen Richtung Donautal. Der Spitzerberg, der genau in diesem Korridor zwischen Leithaberg (Alpen) und Hundsheimerbergen (Kleinen Karpaten) liegt, stellt eine Barriere dar, an der die warme Strömung hochsteigt. Diese Aufwinde nutzen jeden Tag unzählige Segelflieger, die lautlos über dem Spitzerberg schweben.
Für die Reben sind diese warmen Luftströmungen Segen und Herausforderung zugleich. Einerseits trocknen die ständigen Winde alle Feuchtigkeit im Nu ab, sodass am Spitzerberg Pilzbefall kaum ein Thema ist. Andererseits sind die heißen und trockenen Bedingungen aber oft auch existenzbedrohend für die Reben. Das vegetative Wachstum ist gering. Die Pflanzen konzentrieren ihre ganze Energie in die wenigen Früchte. Das macht die Weine vom Spitzerberg unverwechselbar expressiv.
Die Temperaturen
Die exponierte Stellung treibt die Bedingungen des kontinentalen Klimas ins Extrem. Während der Wintermonate pfeift ein eisiger Wind um den Berg. Im Juli und August gehen die Temperaturen oft Richtung 40 Grad, wobei die Nächte im Spätsommer und im Herbst empfindlich kühl sind. Auf diese Weise entwickeln die Trauben eine hohe Reife – durch die geringe Wasserversorgung bleiben aber die Zucker- und damit die Alkoholproduktion moderat. Die kühlen Herbsttemperaturen erhalten die frische Säure.
Der Niederschlag
Der jahrelange Durchschnitt liegt bei rund 400 mm Niederschlag – der Spitzerberg bietet also grenzwertige Bedingungen für die Reben. Der meiste Regen fällt zwischen Mai und Juni, oft in Form von heftigen Gewittern und Starkregen. Von diesen Niederschlägen müssen die Reben den ganzen Sommer über zehren. Die wichtigste Periode für die Qualität der Trauben sind die letzten Wochen vor der Ernte. Hier sehen wir die größten Auswirkungen der Klimaveränderung. Während am Spitzerberg noch vor 30 Jahren Mitte Oktober mit der Ernte begonnen wurde, sind die Trauben durch die Klimaerwärmungen heute schon ab Ende September reif.
Boden und Lagen
Vor vielen Generationen wurde der Spitzerberg in drei Geländestufen gegliedert und befestigte Fahrwege wurden angelegt. Durch die Erosion im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Bodenverhältnisse verändert. Am unteren Ende jeder Stufe hat sich jeweils mehr Boden angesammelt, der entsprechend mehr Wasser binden kann. Hier ist das Wachstum agiler.
Die oberen Bereiche jeder Geländestufe sind karger, trockener und fordernder. Die Weine, die hier geerntet werden, liefern höhere Komplexität, intensivere Aromen – und brauchen längere Reifezeit, um ihre Balance zu erlangen.
Um der verschiedenen Bodenbeschaffenheit gerecht zu werden, erntet Dorli Muhr die Trauben von den oberen und unteren Bereichen jeder Parzellen getrennt. Die Trauben von den etwas energiereicheren Stellen werden für die Regionscuvée Carnuntum (ehemals Cuvée vom Berg) verwendet.
Der Spitzerberg ist in neun Sublagen unterteilt, die ganz unterschiedliche Charaktere aufweisen, obwohl sie geologisch völlig identen Karbonatboden (Kalkstein und Dolomit) aufweisen. Sie unterscheiden sich aber in der Korngröße der sandigen Böden. Von West nach Ost wird der Boden immer feinkörniger. Der Unterschied im Geschmack ist beeindruckend.
Spitzer
Die westlichste Lage am Spitzerberg hat einen ganz besonderen Charakter. Dank des grobkörnigen Kalksandes bringen die „Spitzer“ Parzellen die feinsten und leichtfüßigsten Weine hervor.
Roterd
Es ist eine der heissesten Lagen am Mittelhang des Spitzerberges. Im oberen Teil steinig, im unteren Teil tonig, bringt die Roterd besonders cremige Weine hervor, durchsetzt mit erfrischender Säure.
Pannhölzer
Die Pannhölzer haben teilweise starke Hangneigung, der Boden ist etwas kräftiger und geht Im obersten Teil in eine Lösswand über. Die Weine von den Pannhölzern erkennt man an ihrer dunklen Frucht und maskulinen Tanninen.
Kranzen
Die Kranzen bestehen aus sandigem Kalk und sind im oberen Teil recht steinig. Hier wachsen fruchtintensive Weine, die oft die Frische von hellen Beerenaromen in sich tragen und mit einer harmonischen Säure ausgestattet sind.
Kobeln
Die Kobeln liegen auf 200 bis 250 Meter Höhe und sind besonders trocken und extrem windexponiert. Der Ertrag auf dieser Lage ist daher extrem klein, die Beeren haben dicke Schalen und wenig Saft, was zu sehr dichten, konzentrierten Weinen führt, die eine lange Reifephase benötigen.
Holzweingarten
Die Holzweingärten liegen ganz im Osten des Spitzerberges. Bei sanfter Hanglage und auf recht tonigen Böden sind die Reben meist recht gut mit Wasser versorgt, und so ist hier eine stressfreie Reifeentwicklung gegeben, was zu sehr harmonischen Weinen führt.
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Trauben
Die Weinberge werden biologisch bewirtschaftet, seit dem Jahrgang 2018 ist das Weingut biologisch zertifiziert. Um die charakteristische Frische und Finesse des Spitzerbergs in den Weinen wiederzufinden, ist es besonders wichtig, keine überreifen Beeren in den Keller zu bringen. Angesichts der hohen Temperaturen und der außergewöhnlichen Trockenheit ist das nicht immer einfach. Deswegen wird geerntet, sobald die Tannine in den Trauben reif sind und zwar sehr präzise: Jede einzelne Beere, die überreif oder eingetrocknet ist, wird noch während der Ernte im Weinberg aussortiert. Der Ertrag liegt bei durchschnittlich 3000 Kilo je Hektar.